Aperam wird zentraler Player bei Batteriegehäusen für Elektrofahrzeuge
Interview mit Saghi Saedlou, Head of Mobility & Transport bei Aperam
Aperam revolutioniert den Markt für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen (EV). Saghi Saedlou weiß: Die Werkstoffauswahl ist entscheidend. Derzeit dominieren Kohlenstoffstahl und Alu. Dabei ist nichtrostender Stahl bei Kosten, Gewicht und Sicherheit überlegen. Dank neuerer Entwicklungen ist er auch kosteneffizient.
Diese Erkenntnis führte zur Einrichtung eines speziellen Batterieprogramms bei Aperam, das auch meine Rolle umfasst. Der Markt für Elektrofahrzeuge wächst rasant, und Aperam ist gut positioniert, um maßgeschneiderte Edelstahl-Lösungen für die spezifischen Anforderungen dieses Marktes anzubieten.


- F: Aperam ist ein bekannter Akteur unter den Herstellern von nichtrostendem Stahl, aber im EV-Markt eher unbekannt. Können Sie uns mehr über Aperam erzählen?
Saghi Saedlou: Aperam ist ein führender globaler Hersteller von nichtrostendem Stahl und Speziallegierungen. Wir betreiben Produktionsstätten in zwei Regionen: in Europa und in Südamerika, und sind in über 40 Ländern vertreten. Eine unserer wichtigsten Stärken ist unser Fokus auf Innovation, unterstützt von mehr als 150 Forschern in unseren drei F+E-Zentren. Diese Experten verbessern kontinuierlich unsere Produkte und Fertigungsprozesse, um die Bedürfnisse unserer Kunden in verschiedenen Branchen zu erfüllen – von Küchengeräten bis hin zur Automobilindustrie.
- Q: Sie haben eine umfangreiche Erfahrung im Bereich F+E bei Aperam. Wie ordnet sich Ihre Rolle als Chief Battery Program Officer in Aperams Aktivitäten als Produzent von nichtrostendem Stahl ein?
Saghi Saedlou: In der Tat habe ich 15 Jahre im Bereich F+E bei Aperam gearbeitet, nachdem ich in verschiedenen Positionen in der Automobilindustrie tätig gewesen war. Meine Erfahrung gipfelte in der Rolle der Leiterin F+E, was mir die Möglichkeit gab, mich auf Innovation zu konzentrieren. Meine derzeitige Position als Chief Battery Program Officer mag wie ein Abweichen von unserem traditionellen Fokus auf nichtrostenden Stahl erscheinen, ist es aber nicht. Tatsächlich machen wir nichtrostenden Stahl zu einem wettbewerbsfähigen Werkstoff für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen, einem Bereich, der traditionell von Kohlenstoffstahl und Aluminium dominiert wird.
- F: Batteriegehäuse werden normalerweise nicht mit nichtrostendem Stahl in Verbindung gebracht. Warum tritt Aperam in diesen Markt ein?
Saghi Saedlou: Für uns ist das eine natürliche Entwicklung. Batteriegehäuse bilden die Hülle, welche die Batteriezellen, Module und Elektronik eines Elektrofahrzeugs umschließt. Kohlenstoffstahl und Aluminium sind derzeit die bevorzugten Materialien, aber nichtrostender Stahl bietet zahlreiche technische Vorteile. Dennoch besteht die Wahrnehmung, dass nichtrostender Stahl zu teuer sei. Neueste Studien haben gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Wir können die Spezifikationen der OEMs zu erheblich niedrigeren Kosten als Aluminium erfüllen und gleichzeitig eine überlegene technische Leistung bieten.
Diese Erkenntnis führte zur Einrichtung eines speziellen Batterieprogramms bei Aperam, das auch meine Rolle umfasst. Der Markt für Elektrofahrzeuge wächst rasant, und Aperam ist gut positioniert, um maßgeschneiderte Edelstahl-Lösungen für die spezifischen Anforderungen dieses Marktes anzubieten.

- F: Welche Herausforderungen stellen sich dabei, nichtrostenden Stahl im Markt für Batteriegehäuse zu etablieren?
Saghi Saedlou: Die größte Herausforderung besteht darin, vorgefasste Meinungen über nichtrostenden Stahl zu überwinden, insbesondere in der Automobilindustrie. Viele denken, dass er zu teuer sei, aber wir haben das Gegenteil bewiesen. Unser Ziel ist es, diese Mythen durch Daten und praktische Anwendungen zu entkräften.
Wir konzentrieren uns auf fünf zentrale Funktionen von Batteriegehäusen: Crashbeständigkeit, Gewichtsersparnis, Feuerbeständigkeit, Verarbeitbarkeit und Nachhaltigkeit einschließlich Lebenszyklus-Analyse. Wir haben zwei verschiedene Gehäusekonzepte erstellt, um zu zeigen, wie kosteneffizient nichtrostender Stahl sein kann und wie er dabei alle technischen Anforderungen moderner Elektrofahrzeuge erfüllt.
- F: Können Sie uns mehr über diese beiden Batteriegehäuse-Konzepte erzählen?
Saghi Saedlou: Natürlich. Das erste Konzept ist auf maximale Gewichtsersparnis ausgelegt und verstärkt die Fahrzeugstruktur. Bei einem Fahrzeug des D-Segments mit einer Batterie von 88 kWh haben wir ein Gewicht von 69 kg erreicht. Das ist mit heutigen Aluminiumlösungen vergleichbar, die Kosten sind jedoch niedriger. Das zweite Konzept ist zukunftsorientierter und zielt darauf ab, die volumetrische Energiedichte des Fahrzeugs zu erhöhen und den Zugang für Wartung und Reparatur zu verbessern. Hierbei nutzen wir die hohe Umformbarkeit von nichtrostendem Stahl dazu, komplexe Formen darzustellen.
Diese Konzepte zeigen, dass nichtrostender Stahl den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht werden kann, insbesondere da OEMs nach effizienteren, sichereren und nachhaltigeren Werkstoffen für Elektrofahrzeuge streben.


- F: Sie haben vorhin Nachhaltigkeit erwähnt. Wo steht nichtrostender Stahl in der breiteren Diskussion über Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie?
Saghi Saedlou: Nichtrostender Stahl ist äußerst nachhaltig und passt perfekt zum Bestreben der Automobilindustrie, grünere Technologien voranzutreiben. Aperam ist führend bei der Verwendung von recycelten Materialien. In unseren europäischen Produktionsstätten verwenden wir für die Herstellung von nichtrostendem Stahl beispielsweise bis zu 98 % recycelte Einsatzstoffe, was unseren CO₂-Fußabdruck erheblich reduziert. Unser nichtrostender Stahl ist vollständig recycelbar und unsere Elektrolichtbogenöfen in Europa werden mit erneuerbarer Energie betrieben, wodurch die CO₂-Emissionen weiter gesenkt werden.
Tatsächlich hat Aperam einen der niedrigsten CO₂-Fußabdrücke auf dem Markt, mit Emissionen von nur 0,32 Tonnen CO₂ pro Tonne produziertem Edelstahl. Dies ist ein entscheidender Vorteil, da Nachhaltigkeit zu einem zentralen Kriterium für Automobilhersteller wird.

- F: Kehren wir zum Automobilmarkt zurück. Wie überwinden Sie die Skepsis gegenüber der Rolle von nichtrostendem Stahl in EV-Batteriegehäusen?
Saghi Saedlou: Vor allem geht es um Daten und Praxisdemonstrationen. Wir haben beispielsweise gezeigt, dass unsere Lösungen aus nichtrostendem Stahl bemerkenswerte Feuerbeständigkeit, Crash-Eigenschaften und Gewichtsreduzierung bieten und gleichzeitig kostengünstiger als Alternativen wie Aluminium sind. Wir befinden uns nicht mehr nur in der Konzeptphase; wir haben bereits Teile auf dem Markt, bei denen die überlegene Wärmeisolierung und Umformbarkeit von nichtrostendem Stahl zur Geltung kommen.
Darüber hinaus werden vollständig aus nichtrostendem Stahl bestehende Systeme bereits in Elektro-Lkw verwendet, bei denen Sicherheit und Langlebigkeit von größter Bedeutung sind. Wir haben also die frühe Entwicklungsphase längst hinter uns und arbeiten direkt mit Kunden zusammen, um Lösungen zu verfeinern und zu optimieren.
- F: Was steht angesichts Ihres Fokus auf Innovation und Marktdisruption als Nächstes für Aperams Batterieprogramm an?
Saghi Saedlou: Wir blicken ständig in die Zukunft. Unser unmittelbarer Fokus liegt darauf, unsere bestehenden Lösungen zu optimieren und eng mit OEMs zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass nichtrostender Stahl vollständig in die nächste Generation von Elektrofahrzeugen integriert wird. Darüber hinaus erforschen wir neue Einsatzmöglichkeiten von nichtrostendem Stahl, um zukünftigen Automobiltrends gerecht zu werden. Dazu gehören z. B. die Erhöhung der Energiedichte und die Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Elektrofahrzeugen.
Bei Aperam sind wir der Überzeugung, dass Werkstoffe eine entscheidende Rolle bei der Förderung technologischer Innovationen spielen. Nichtrostender Stahl mit seiner Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und technischen Leistungsfähigkeit ist der perfekte Werkstoff für Batteriegehäuse von Elektrofahrzeugen und darüber hinaus.
- F: Abschließend, welche Rolle sehen Sie für nichtrostenden Stahl in der Mobilität der Zukunft?
Saghi Saedlou: Nichtrostender Stahl hat eine vielversprechende Zukunft in der Mobilität. Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen wird die Nachfrage nach leichten, hochfesten und nachhaltigen Materialien weiter wachsen. Aperam ist bestens positioniert, um an der Spitze dieser Entwicklung zu stehen und Lösungen mit nichtrostendem Stahl anzubieten, die den höchsten Standards in Bezug auf Sicherheit, Leistung und Nachhaltigkeit entsprechen.
Unsere Werkstoffe sind nicht nur ein Teil der Batteriegehäuselösung, sondern können auch Teil anderer wichtiger Komponenten sein, etwa von Strukturbauteilen und Temperaturmanagement-Systemen. Wir sind entschlossen, die Grenzen dessen, was nichtrostender Stahl im Automobilsektor leisten kann, zu erweitern und sicherzustellen, dass er ein Schlüsselwerkstoff in der Mobilität der Zukunft bleibt.
Für weitere Informationen über Aperams Innovationen in der Herstellung von nichtrostendem Stahl oder unsere Lösungen für Batteriegehäuse können Sie sich gerne an unser Team wenden.

Head of Mobility & Transport